Die Erlebnislyrik, deren Entstehung in der Zeit des Sturm und Drang angesiedelt wird, erweckt den Anschein der Unmittelbarkeit des Dargestellten. In der Erlebnislyrik wird die seelische Stimmung unvermittelt dargestellt. Erlebnislyrik wurde lange im Gegensatz zur Gedankenlyrik gesehen und damit verbunden herrschte die Vorstellung, diese Texte seien in einem Zug geschrieben, ohne dass sie im Nachhinein durch Reflexion verändert würden. Bei genauerer Betrachtung und Analyse der Metaphorik, des Rhythmus oder der Struktur wird diese Vorstellung, geprägt durch die Genieästhetik des Sturm und Drangs, unwahrscheinlich. Diese Art der Lyrik bedient sich gerne der Natur als Mittel zur Darstellung des Gemütszustandes der Hauptperson. Sonnenschein, duftende Wiesen und blühende Blumen sollen das Gefühl der Heiterkeit ausdrücken und auf den Leser einwirken. Wolken, Nebel, Regen und Kälte sollen dem Leser bei ihrer Schilderung real erscheinen und ihn in die, nun schlechte, Stimmung der Hauptperson bringen.
Der wohl bekannteste Vertreter dieser Stilrichtung der Lyrik war Goethe, der 1770 mit dem Schreiben der für die damalige Zeit neuen Art des Gedichtes begann. Die Goethesche Art der Erlebnislyrik prägt die deutsche Natur- und Liebeslyrik bis weit ins 19. Jh. hinein und bestimmt noch heutzutage das landläufige Verständnis von Lyrik.
Weiterhin gibt es Diskussionen, ob Minnesang auch zu Erlebnislyrik zählt. Verfechter dieser Theorie ist unter anderem Ulrich Müller, der ein Essay zu diesem Thema verfasst hat.